DDR-Lexikon

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Igelit

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Igelit ist ein ehemals eingetragener Handelsname für Weich-PVC, insbesondere eines Copolymerisates mit z. B. 20 % Acrylsäureester bei 80 % Vinylchlorid. Außerdem wurde noch der Weichmacher Trikresylphosphat (TKP) mit bis 30 % Anteil zugesetzt.

Der Name spielt an auf den Inhaber der Namensrechte, die I.G. Farbenindustrie A. G. Er wurde von den Nachfolgern der IG-Farben bis in die Nachkriegszeit benutzt, musste dann aber, wie andere Handelsnamen mit den Anfangsbuchstaben IG-, im Zuge der Liquidation von I.G. Farben aufgegeben werden.

1938 nahm das Werk Bitterfeld mit einer Monatsproduktion von 120 Tonnen die Fertigung auf. In der DDR produzierten es die vormaligen IG-Farbenwerke VEB Elektrochemisches Kombinat Bitterfeld und die Buna-Werke Schkopau in großen Mengen.

Das Material diente u. a. als Lederersatz für Schuhmaterial und Taschen, für Regenmäntel („Hast du Igelit im Haus, kannst du auch bei Regen raus“), als Fußbodenauslegware minderer Qualität und auch als Verpackungsmaterial. In der DDR war es vor allem als Schuhmaterial berüchtigt („Im Sommer heiß, im Winter kalt“).

Es konnte durch Abgabe von Orthotrikresylphosphat (OTKP) aus seinem Weichmacher Nervenlähmungen verursachen. Daher wurde seine Verwendung in der DDR bereits 1950 durch eine Verordnung stark eingeschränkt, die u. a. ein Verbot der Verwendung im Nahrungsmittel- und Hygienebereich sowie die Verpflichtung einer Gefahrenkennzeichnung an entsprechenden Produkten beinhaltete.

Allerdings wurde erst im Juli oder August 1952 die Herstellung der sogenannten Bino-Produkte, das waren Suppenwürze und Brühwürfel, die aus Abfallprodukten der Igelit-Herstellung gewonnen wurden, durch das Gesundheitsministerium von Sachsen-Anhalt verboten. Das Bayerische Innenministerium ordnete in der Folge die Einziehung sämtlicher in Bayern vorhandener Bestände an.

Igelit-Schuhe:
http://www.dhm.de/datenbank/index.html?/datenbank/9600/96000001.html

5 Kommentare

  1. Meine Erfahrungen sind ähnlich.
    Ich bin Jahrgang 1940,
    Flüchtlingskind aus Pommern, und
    habe in den Jahren 1947/1950 auch solche Schuhe und Stiefel getragen – Eisfüße im Winter, Schweißfüße im Sommer, aber besser als gar nichts. Und man konnte sie mit heißem Messer
    reparieren.

  2. Ich, JG 1937, war 1945/46 Igelit-Schuhträger und wohnte in Dessau. Unser Haus stand als einziges neben dem Theater in der Kaiserstrasse 21 (hiess damals natürlich anders.) Onkel Oskar (Kanzenel) Schauspieler am Dessauer Theater hatte Zugang zu Igelit Fensterersatz, so daß wir wenigstens die Fensterhöhlen abdichten konnten. Den Geruch im Sommer kenne ich noch heute. Erinnere mich noch an die rötlich/gelbe Farbe, durchsehen konnte man nicht.

  3. Ich, Jahrgang 1942 kann mich noch gut an Igelit-Stiefel erinnern. Sie erzeugten zwar Schweißfüße, aber im Winter waren sie für Kinder das beste Sportgerät.
    Das Profil der Sohlen nutzte schnell ab und man konnte herrlich damit auf festen Schneeflächen schlittern.

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